„Tanfana – Die letzte Seherin der Germanen“
Das Erlebnis eines Buches von Matthias Wenger
Das vorliegende Werk ist nur schwer in ein Schema zu pressen. Wenn man es auf triviale Weise versuchte, würde einem der "historische Roman", "Fantasy" oder "pagan fiction" einfallen.
Beim weiteren Eindringen in die Tiefe der Lektüre stellt sich jedoch heraus, daß das nur vordergründige Zuschreibungen wären. Sein Inhalt erschöpft sich weder in einer gefühlvollen Nachforschung im Rahmen einer historischen Epoche. Und es geht auch nicht um ein surrealistisches Kribbeln im Angesicht exotischer Mythen.
Vielmehr beschreibt "Tanfana" das Tiefste und Intimste einer ganzen Kultur - und zwar jener Stammeskultur, in der wir alle mehr oder weniger stark verwurzelt sind, wenn vielleicht auch mehr oder weniger indirekt durch Sprachgeschichte und geographische Nähe.
Die Autorin beschreibt die Art, in der Menschen in dieser Kultur miteinander umgehen, wie sie das Hineinwirken der göttlichen Kräfte in ihre Existenz erleben, wie sie den göttlichen Kräften der Natur begegnen.
Es beschreibt auf eine extrem sensible Weise, wie die Menschen einer Stammeskultur, die wir mit dem adjektiv "germanisch" versehen dürfen, ihre Spiritualität leben, wie das wirklich zu bewerten ist, was Wissenschaftler als "germanische Religion" bezeichnen. Sensibel zu beschreiben, heißt nicht, daß das Buch doziert, man erlebt einfach mit, wie die Vorfahren mit ihren Göttinnen und Göttern "mitlitten" , wie sie sie spürten.
Distanz ist hier nicht möglich, da es nicht nur um die Schilderung von Ritualen geht, sondern um die Beschreibung von Erfahrungen, wie sie bei einer persönlichen Einweihung entstehen. Man erlebt mit, was es heißt, eine Seherin zu werden, wie groß die mystische, die naturreligiöse, die stammespolitische Verantwortung war, wenn man sich solch einer Aufgabe stellte.
Für micht war besonders beeindruckend, welche Liebe zur Natur, welches tiefe Empfinden für die der Natur innewohnende Göttlichkeit die Autorin immer wieder darzustellen vermag. Es ist eine Religiosität, welche zutiefst weiblich, aus dem Inneren und der Tiefe empfindend wirkt.
Es ist ein völlig anderes Bild von germanischer Religiosität, als sie von vielen neuheidnischen Interpreten geformt wird. Es ist eine von vielen Menschen, die diese Kultur lieben, längst ersehnte und erwünschte Revision jenes Bildes von kriegerischen und "heroischen" Göttern. Hier wird endlich einmal ein reifer und menschlicher Ausblick auf die Spiritualität jener Vorfahren sichtbar, die eine der wichtigsten Wurzeln neuzeitlicher europäischer Kultur im positiven Sinne bilden.
In Form eines Romans gelingt das auch viel besser, als es jemals bei einem Essay oder einer sonstigen abstrakten Beschreibung möglich wäre.
Eine weitere Besonderheit des Buches besteht darin, daß es trotz einer moralischen Parteinahme nicht einseitig ist. Man nimmt den Verlauf der Geschichte zwischenzeitlich auch aus der Sicht der Franken wahr, die Perspektive wechselt mehrfach, so daß das Buch auch eine ernsthafte historische Auseinandersetzung mit den Beweggründen auf beiden Seiten darstellt. Aus diesem Perspektivenwechsel entsteht ein Wahrnehmungsgefälle, daß schlagartig klar macht, wie wichtig diese Auseinsandersetzung für unsere Geschichte ist.
Nichts macht ihre Bedeutung bewußter, als die Gegenüberstellung des Lebensstils und der Lebensweise der Karolinger einerseits und der Sachsen andererseits.
In dem Augenblick, wo sich Karl und die Seherin in einem dunklen Raum des Heiligtums begegnen, steigert sich diese Gegenüberstellung zu einer dramatischen Wechselwirkung: Zwischen patriarchalischer Anmaßung einerseits und dem tiefsten Ausdruck weiblicher Spiritualität andererseits. Damit richtet die Autorin ihre Aufmerksamkeit auf den Kernpunkt des Konfliktes zwischen christlichem Imperialismus und germanischer Stammeskultur: Es geht hier um mehr, als um ein Kapitel europäischer Geschichte. Es geht um die Frage, worin der tiefste Antrieb unserer Kultur bestehen sollte - Machtstreben oder Liebe.
Viele Menschen der Gegenwart sind auf der Suche nach dem Wesen und der Wirklichkeit dessen, was das vergangene Leben ihrer Vorfahren ausmachte. "Tanfana" ist eine Antwort auf die Frage, wie ihre Zukunft aussehen könnte.
Band I der TANFANA-Trilogie
Petra Baumgart: „TANFANA – Die Göttin der Marser“ (9-14 n.u.Z.)
Eine Rezension von Dr. Konrad Fichtel
Aus der mit orientalischem Schmutz und römischer Kloake vergifteten Landschaft der deutschen Frühgeschichte ragt wie ein eratischer Fels der geheimnisvolle Satz von Tacitus hervor: “Nicht Geschlecht, nicht Alter fand Mitleid. Privathäuser und Heiligtümer, auch der bei jenen Völkerschaften berühmte heilige Bezirk, den sie Tanfana nennen, wurde dem Erdboden gleichgemacht“ (Tacitus Annalen I). Die geistlose, verknöcherte deutsche Geschichtsdeutung hat diesen Tacitus-Hinweis nie beachtet. Dank ihrer hohen Geistigkeit der Geschichtsdeutung hat Frau Petra Baumgart, Diplom-Germanistin, den inneren Zusammenhang zwischen der Varus-Niederlage 9 nach unserer Zeitrechnung (n.u.Z.) und dem Morden an den Marsern mit Verwüstung des Tanfana - Tempels 14 n.u.Z. gefunden und überzeugend dargelegt.
Die Römer, die Kultfiguren der fremdbestimmten deutschen Geschichtsdeutung, waren brutal und grausam, doch politisch geschickt. Sie erkannten, daß der Sieg der verachteten Barbaren aus dem Norden nicht allein ein Sieg der Waffen und der germanischen Stärke war, sondern ein Sieg der Seelenstärke des Gegners. Zurecht vermuteten sie, daß die überraschende Stärke des germanischen Widerstandes sowie dessen unerkannten Aufbaues auf das Wirken der Träger des Urwissens, der Sitte und der inneren Bindung des Stammes, d.h. der Seherinnen, zurück zuführen sei. Deshalb ermordeten sie zu Beginn ihrer Rachefeldzüge gegen die Germanen nicht nur Tausende waffenloser, friedlich bei ihrem Herbstfeste versammelter Marser, sondern sie wollten mit der Zerstörung des heiligen Bezirkes der Tanfana auch die Seele des geistigen Widerstandes treffen.
Was schreibt und denkt die deutsche Geschichtsdeutung über diese Morde und deren seelischen Hintergründe? Nehmen wir den Säulen-heiligen der deutsch-römischen Geschichtsschreibung Prof. Theodor Mommsen. Hölzern werden von ihm die Geschehnisse der Jahre 9 bis 17 n.u.Z. einfach anhand von Tacitus nacherzählt. Das fürchterliche Morden von friedlichen Menschen gibt er teilnahmslos mit “das Land verheeren und die Eingeborenen niedermachend“ wieder. An keiner Stelle wird das von Tacitus beschriebene Ermorden der verwundeten Germanen erwähnt. Im Grunde ist der bewunderte Mommsen ein Limes-Deutscher, der nur überlieferte Fakten nacherzählt und dem die geistige Welt dieser Schicksalszeit fremd ist.
Der Inhalt des Buches „TANFANA - Die Göttin der Marser“ betrifft die dramatischen Vorgänge der Jahre 9 bis 14 n.u.Z. Eingewoben sind geschickt die Beschreibungen der germanischen Feste des Jahreskreises und der Lebensstationen. Da finden sich immer wieder schöne und ausdrucksstarke Worte wie bei der Verabschiedung der Toten „ … und die Seherinnen geleiten die Seelen der Toten über die Regenbogenbrücke zu Mutter Erda, die sie freundlich empfängt und in ihr unermeßliches Allheim führt.“ Welch ein Gegensatz dazu die Lehre des Christen-tums, der Religion, der Erlösung. Da erwartet die Seele das Gericht eines zürnenden, eines zornigen Gottes. Es wird unerbittlich abgerechnet. Sünde für Sünde. Dann das Urteil. Stimmt die Bilanz der Sünden und der guten Taten nicht, kommt ein wüster, stinkender Geselle, ein Geschöpf Gottes und schleppt die Verdammten in das ewige Feuer zur ewigen Qual, in Dantes Hölle. Ende! Umsonst gelebt! Das ist die reine Lehre! Über dem Eingang jeder romanischer Kirche ist das Jüngste Gericht eingemeißelt. Denke an das Ende Germane und gib eifrig von deinem Gut! Damit wurden unsere Vorfahren jahrhundertelang gequält!
Ein weiterer Teil des geistigen Widerstandes gegen die Römer war die von den Seherinnen geleistete kulturelle Kennzeichnung der römischen Besatzer. In einer geistvollen Lehrstunde bekommt Sigfrid- Hermann, der spätere Befreier Germaniens von seiner Mutter und der Seherin Tanfana erklärt, warum die Römer keine Kultur sondern nur eine Zivilisation haben, im Gegensatz zu den von ihnen verachteten Germanen. Er lernt, daß für die Germanen Seele, Liebe, Gerechtigkeit und innerer Frieden wichtig sind; für die Römer hingegen Paläste, Bäder, Waffen, Gold, willige oder willig gemachte Frauen und ganz wichtig - Sklaven. Der Sinn ihres irdischen Daseins besteht aus Kriegen, Saufen und Huren. Erst in Germanien sieht Sigfrid-Hermann das wahre Rom: „In Rom gibt es sehr mächtige oder bettelarme Familien. Die einen besitzen alles Recht, die Anderen hingegen sind weitgehend rechtlos.“
Der Tag der Schicksalsschlacht für Deutschland, Europa oder auch für die ganze Welt wurde von den Seherinnen für den 21.9., dem Tag der Tag- und Nachtgleiche festgelegt. Warum? An diesem Tage verschwindet das Sternzeichen des Adlers, das Symbol der römischen Legionen und der Weltmacht Rom unter dem westlichen Horizont. Dagegen erstrahlt hell am westlichen Himmel über dem Adler das Sternzeichen des Schwans, unser nordisches Kreuz Und passend dazu feiern an diesem Tage die Legionen den Geburtstag ihres Kaiser Augustus mit Wein, Gelagen und Frauen. Welch ein Wink des Schicksals.
Dankenswerterweise gibt Frau Baumgart den Ablauf der Schlacht nicht als Zug römischer Jecken durch Wald, Sumpf und Dreck wieder, sondern als von ihr wohlbegründeten Kampf direkt im Standlager des Varus. Dies ist ganz im Gegensatz zur Lehre der römischen Ikone Mommsen, der vehement den Zug verwirrter Legionäre durch ein Gebirge, das nicht eben war, vertreten hat. Bei ihm brechen die Wipfel der Bäume bei Sturm ab, so daß der verängstigte Varus als Lichterbaum durch den dunklen Tann reitet, da ein Baumwipfel auf ihn gefallen ist!
In diesem Zusammenhang wird im Roman auch die Hilfe der germanischen Frauen beim Kampf der Männer erwähnt. Sie bargen Verwundete, verbanden ihre Wunden und stärkten Erschöpfte. Danach kehrten die Germanen freiwillig in die Kampflinie zurück. Im Gegensatz dazu wurde jeder Legionär erschlagen, der die Schlachtlinie verließ. Der Tod in der Schlachtlinie war für ihn möglich, beim Verlassen der Kampflinie sicher.
Im Buch können wir den Ablauf aller germanischen Jahresfeste erleben. Der Ablauf der Feste wird dargestellt und ihr Sinn erklärt. Es finden sich dabei so schöne Wörter wie „Wer keine Wurzeln hat, verliert den Halt“, oder „Wer das Heil- und Kräuterwissen vergißt, verliert die Bindung zur Allmutter.“
Ergreifend ist die Schilderung der letzten Tage der Seherin, die das Unheil kommen sieht. Sie rettet noch Flüchtlinge des römischen Massakers bevor sie selbst von den „Kulturbringern“ ergriffen und gekreuzigt wird. Die von der deutschen Geschichtsschreibung so bewunderten Römer kennen in der Auseinandersetzung mit den Germanen nur Gewalt, Marter und Tod.
Der Roman ist gut zu lesen und führt mit leichter Hand in die germanische Kultur ein, in ihre Feste, ihre Gestaltung des Lebens, ihre Anschauung des Kosmos und ihr Urwissen. Nach 2.000 Jahren verordneter geistiger Finsternis endlich ein Buch, das mit seiner Deutung der Schicksalsjahre 9 bis 14 n.u.Z. als lichtvoll und erlösend bezeichnet werden muß. Es schließt mit einer hoffungsvollen Sicht: „Wenn auch Gewalt und Vergessen uns niederzwangen, so sind wir auferstanden und geben kund“:
Unsere Zukunft wird GER(S)-MAN(E)-isch: Liebe! Licht! Leben!
Es sei noch vermerkt, daß das Buch einen wertvollen Anhang hat, nämlich Quellen zu Tanfana, dabei Bemerkungen zu Tacitus Annalen, 1. Buch und Jacob Grimm „Cherusker, Marsen“. Weitere Quellen sind u.a. die Spurensuche in Teramo und „Varus starb im Lager“ - eine hervorragende textkritische Analyse der Angaben von Tacitus zur Hermannsschlacht im Teutoburger Wald.
Band II der TANFANA-Trilogie
Petra Baumgart: „TANFANA – Die letzte Seherin der Germanen“
(747 – 772 u.Z.)
Eine Rezension von Dr. Konrad Fichtel
Kennzeichnend für die Geistigkeit und Weltanschauung der Seherin der Germanen ist das Gedicht der letzten Seite:
Die Externsteine
Erinnerung an meine Vorfahren
zugedeckt von der teutonischen Nacht,
beschützt von dem heldenhaften Wald,
heimgeleuchtet von dem magischen Mond,
umarmt von dem See –
in seinen Wassersternen spiegelnd –
ragt IHR meine geliebten Vorfahren
jeglicher Vernichtung trotzend,
kraftvoll
aufrecht stehend
erhobenen Hauptes
allwissenden Blickes
den Kosmos in EUCH tragend
in mein Herz.
Das erinnert an die Sprache Hölderlins. Es ist die Welt der Wissenden und Tapferen! Vom Urwissen handelt dieses Buch.
Zu Anfang sei festgestellt, das Buch ist nicht leicht zu lesen. Es richtet sich nämlich an die Suchenden, Sehnenden und Wissenden unserer Zeit und nicht an den oberflächlichen Fernsehkonsumenten.
Der Inhalt und die große geistige Welt des Buches betreffen das Leben und die Aufgabe der Seherin Tanfana vom Stamme der Sachsen zu Beginn der mörderischen Sachsenkriege von Kaiser Karl, der fälschlich der Große genannt wird. Sie erhält ihren Namen Tanfana nach der strahlend schönen Naturgöttin. Zur gleichen Zeit wird auch Karl geboren, der mit seinem Machtstreben und seiner Härte ihr Schicksal werden sollte.
Tanfanas Weg zur Seherin führt über drei Mysterien an den Externsteinen. Es sind Tage bei völliger Stille und vollkommener Dunkelheit. Das letzte Mysterium dauert sieben Tage. Danach ist das Wissen ihres Volkes und der Runen in ihrem Herzen angekommen.
Dramatisch, spannend und voller Weisheit Tanfanas ist ihre direkte Auseinandersetzung mit König Karl, der ihr geistig nicht gewachsen ist. Warum auch, schließlich vertritt er das naturwidrige Christentum. Diese Auseinandersetzung erfährt der Leser in den letzten drei Kapiteln des Buches. Sie allein sind es schon wert, das Buch zu lesen.
Wie bereits eingangs der Zusammenfassung dargelegt, erfordert das Buch die volle Konzentration des Lesers. Eine Fülle neuer Begriffe, neuer Deutungen und neuer Sinnbilder ist zu bewältigen. Zudem erwartet die Verfasserin eine innere Bereitschaft, ihre mythisch-geistige Welt anzunehmen. Diese Welt umfasst das Erleben der Natur als ewiges Werden, Vergehen und Wiederkommen, die Möglichkeit, über Rituale und Prüfungen in diese Welt einzudringen und das Erlebte für das eigene Volk anzuwenden. Im Vordergrund steht allerdings die weibliche Sicht des Lebens, die männliche Tatkraft der Bewältigung der Aufgaben eines Volkes tritt dagegen in den Hintergrund.
Hat der Leser sich entschlossen, ihre Weltsicht anzunehmen, dann erwartet ihn ein Werk voller sprachlicher Schönheit und der Zugang in eine besondere Deutung unserer großen germanischen Welt.
Lichtdurchflutet schreitet Tanfana mit irisblauen Augen durch die Zeit, uns in diesen wüsten Jahren des Wandels und des Chaos zu mahnen, dass nach dem Vergehen dieser Welt eine neue, bessere, naturbestimmte Welt ohne Martergott von uns zu schaffen ist.